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Die 7 wichtigsten Akkordfolgen auf der Gitarre

Die tragende Säule jeder Musik ist die akkordische Begleitung. Sie ist ein harmonisches Fundament für den Gesang und andere Melodieinstrumente. Bei Akkordfolgen geht es darum, Akkorde harmonisch ’sinnvoll‘ aneinander zu hängen (was auch immer das heißen mag) und zyklisch zu wiederholen. Im Laufe der Zeit haben sich bestimmte Akkordfolgen herausgebildet, die besonders einprägsam und wohlkingend sind. Jede Stilistik hat dabei ihre eigenen typischen Akkordfolgen. Im Laufe eines Songs kann sich die Akkordfolge natürlich auch ändern, durch Tonartwechsel, einen überraschenden Akkord der harmonisch aus der Reihe fällt um Spannung zu erzeugen oder ähnliches. Heute geht es aber erstmal um bestimmte ‚Standards‘, also Akkordfolgen die vor allem in der Pop/Rock-Musik auf der Gitarre immer wieder auftauchen und die in tausenden Hits gespielt werden. Diese eigenen sich auch wunderbar als Ausgangspunkt um eigene Songs zu schreiben. Ich zeige dir also jetzt die aus meiner Sicht 7 wichtigsten Akkordfolgen auf der Gitarre!

Einen Videokurs der OpenMusicSchool zur Einführung in die Akkordbegleitung findest du hier:

(Achtung: ohne ein klein wenig Theorie kommt dieser Beitrag nicht aus – ich versichere dir aber, das alles ganz einfach zu verstehen ist und wenn du wirklich nur an der Praxis interessiert bist, dann schau dir einfach nur die genannten Akkordfolgen-Beispiele an.)

0. Graue Theorie

Bevor es konkret wird, will ich – sozusagen im Kapitel ‚0‘ – erstmal einige theoretische Grundlagen klären.

Ausgehend vom Grundton der Tonart in der du spielen willst, werden alle Akkorde relativ als Stufen angegeben. Man nimmt hier immer die Dur Tonleiter dieser Tonart als Grundlage. Beispiel C-Dur, das ist die ‚einfachste‘ Tonart. Die passende Tonleiter von C-Dur hat folgende Töne:

C – D – E – F – G – A – H

Das C ist also Stufe 1, D ist Stufe 2, E Stufe 3 usw. Diese Stufen werden normalerweise mit römischen Zahlen angegeben. Wir haben also:

C (I) – D (II) – E (III) – F (IV) – G (V) – A (VI) – H (VII).

Auch wenn diese Bezeichnungen sich etwas komisch anhören – Die erste Stufe nennt man auch Tonika, die vierte Stufe Subdominante und die fünfte Stufe Dominante. DieseStufen sind standardmäßig immer in DUR. Stufe 2, 3 und 6 hingegen immer MOLL. Stufe 7 wird nach der klassischen Musiktheorie als verminderter Akkord angegeben, ein besonderer Dreiklang, bei der die Quinte um einen Halbton herunter gesetzt wird.

1. Die Durkadenz (I – IV – V – I)

Tonbeispiel Durkadenz (© B.Cross / OMS)

Die klassische Durkadenz besteht ausschließlich aus den Dur-Akkorden, die auf Basis der Stufen I (Tonika), IV (Subdominante) und V (Dominante) einer Tonleiter gebildet werden. Im Falle von C-Dur spielst du also:

C – F – G – C usw.

Um eine nette Begleitung zu erhalten macht es Sinn, jeden Akkord gleich lange zu spielen. Also je einen ganzen Takt vor jedem Wechsel, oder je einen halben Takt. Diese Akkordfolge klingt sehr fröhlich und ist in vielen Songs zu hören, häufig auch als Abschluss am Ende eines Stückes.

Eine Variation davon ist ebenfalls häufig im Schlager, Pop und Rock zu hören, nämlich I – V – IV – V.  Eigentlich alle Abfolgen dieser drei Akkorde sind gängig. Hier ein paar Beispiele:

2. Die 50er-Formel (I – VI – IV – V)

Tonbeispiel 50er-Formel (© B.Cross / OMS)

Diese Akkordfole war in den 50er Jahren sehr beliebt und wird daher auch häufig als 50er Progression bezeichnet. Neben den gängigen Stufen der Dur-Kadenz kommt noch die Mollparallele der Tonika hinzu, also die sechste Stufe. In C-Dur spielst du die Akkord-Reihenfolge:

C – Am – F – G

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

  • Sam Cooke – Twistin‘ The Night Away
  • The Penguins – Earth Angel
  • Rocky Sharpe & The Replays – Rama Lama Ding Dong
  • The Police – Every Breath You Take
  • Righteous Brothers (später auch Elvis) – Unchained Melody
  • und viele weitere!

3. Die Hit-Formel (I – V – VI – IV)

Tonbeispiel Hit-Formel (© B.Cross / OMS)

Die Pop- oder Hit-Formel trägt ihren Namen nicht ohne Grund. Regelmäßig stürmt ein Song die Charts, der dieses Muster aufweist. Die Akkordfolge klingt sehr schlüssig und mehr als nur vertraut, weil sich unsere ohne nach vielen Jahren Radiomusik daran gwöhnt haben. In C-Dur würdes du diese Abfolge spielen:

C – G – Am – F

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

4. Gedrehte Hit-Formel (VI – IV – I – V)

Tonbeispiel verdrehte Hit-Formel (© B.Cross / OMS)

Diese Variante der Hitfomel beginnt mit der Moll-Parallele. Dadurch wirken diese Songs noch ergreifender, tiefsinniger. In den letzten Jahren gab es viele Megahits, die dieses Muster verwenden. Ich glaube sogar, dass die umgedrehte Formel noch mehr die Quintessenz der großen Hits der vergangenen Jahre wiederspiegelt. In C-Dur spielst du diesen Wechsel:

Am – F – C – G

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

  • Lady Gaga – Poker Face
  • Toto – Africa
  • One Republic – Apologize
  • Falco – Out Of The Dark
  • Bon Jovi – It’s My Life
  • Iggy Pop – The Passenger
  • Avicii – Wake Me Up
  • Avril Lavigne – Complicated
  • und viele mehr!

5. Millenium-Kadenz (II – IV – I – V)

Tonbeispiel Millenium (© B.Cross / OMS)

Die Millenium-Kadenz tritt um die Jahrtausendwende verstärkt auf. Zum ersten Mal kommt jetzt auch die zweite Stufe (Moll) vor. Dadurch hat die Akkordfolge einen etwas eigenwilligeren Charakter als bisherige Abfolgen. Von C-Dur ausgehend spielst du:

Dm – F – C – G

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

6. Die 2-5-1-Verbindung (II – V – I)

Tonbeispiel Jazz 2-5-1 Verbindung (© B.Cross / OMS)

Diese Akkordfolge ist vor allem im Jazz sehr beliebt, aber auch in der Popmusik. Auf dem dritten Akkord bleibt man doppelt so lange. Besonders interessant klingt dieser Akkord mit bestimmten harmonischen Erweiterungen. Auf der ersten Stufe macht sich Major7, also eine große Sept sehr gut, eine kleine Sept bei den Stufen II und V. Gerne kann auch eine None, eine Undezime oder bei der fünften Stufe auch eine Terzdezime ergänzt werden. In der einfachsten Variante in C-Dur spielst du:

Dm – G – C – C

Noch etwas interessanter und jazziger klingt es so:

Dm7 – G7 – C Maj7 – C Maj7

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

Beinahe alle Jazz-Klassiker gebrauchen die 2-5-1-Verbindung Aber Achtung: Weil hier sehr oft mit komplexen harmonischen Schichtungen, sogenannten Voicings gearbeitet wird, sind die Akkordstufen oft kaum für einen Einsteiger rauszuhören.

7. Pachelbel-Kanon (I – V – VI – III – IV – I – IV – V7)

Tonbeispiel Pachebel Kanon (© B.Cross / OMS)

Der Pachelbel-Kanon geht zurück auf den klassischen Komponisten Johann Pachelbel, der sein Kanon in D-Dur auf dieser Akkordfolge aufbaute. Diese Akkordfolge spannt einen deutlich längeren ‚harmonischen Bogen‘ und führt damit auch oft zu einer sehr musikalischen, komplexeren Stimmführung. Interessanterweise werden auch viele moderne Songs noch mit einer Variante dieser Akkordfolge gespielt. Zum ersten Mal taucht jetzt auch die dritte Stufe (Moll) auf, außerdem macht sich am Ende ein Dominantseptakkord gut, um wieder in die erste Stufe am Anfang des Musters zurück zu führen. Von C-Dur ausgehend spielst du:

C – G – Am – Em – F – C – F – G7

Folgende Songs stehen beispielhaft für diese Akkordfolge:

  • Aerosmith – Cryin‘
  • Mattafix – Big City Life
  • Green Day – Basket Case
  • Oasis – Don’t Look Back in Anger
  • Pet Shop Boys – Go West
  • Fool’s Garden – Lemon Tree
  • Die Ärzte – Langweilig
  • und viele weitere

Kreatives Akkordspiel

Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass diese Akordfolgen dir zwar dabei helfen viele Songs besser zu verstehen und dir schnell ein Grundreportoire anzueignen, aber der Reiz an der Gitarre besteht gerade darin, sich eigene spezielle Akkordprogressionen auszudenken. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar hoch, dass auch diese Akkordfolge schon von der Musiktheorie erfasst und zu Tode analysiert wurde, aber es geht darum frei im Denken zu bleiben. Und die Akkordfolge alleine macht nicht die Musik: Es geht ja um die Rhymthmik / das Schlagmuster, das Tempo, den Sound, die Melodieführung, die restliche Instrumentierung, die Kombination mit anderen Akkordfolgen usw. Die Möglichkeiten sind hier grenzenlos, und es macht oft besonders viel Spaß aus den Standards auszubrechen und z.B. die sechste Stufe einfach in Dur zu spielen, oder einen überaschenden Tonartwechsel einzubauen. Solange die Melodie dazu passt und es ein sinnvolles Ganzes ergibt – wundervoll!

Weder solltest du gegen bewährte Akkordfolgen aus einer Anti-Mainstream-Haltung heraus ankämpfen, noch solltest du dich ungewöhnlichen, exotischen Möglichkeiten verwehren. Sei kreativ und gib deinen Ideen Raum sich zu entfalten. Es gibt Songs, da wechseln nur zwei Akkorde die ganze Zeit ab und dann wieder Songs mit langen Progressionen über 8 Takte mit 10 verschiedenen Akkorden und Voicings. Beides kann großartig klingen. Es geht immer um das Gesamtkunstwerk, niemals um bloße Theorie. Viele gute Musiker haben mega Hits geschrieben, lange bevor sie theoretisch Bescheid wussten. Einfach weil sie ihrer musikalischen Intuition und ihrem Gehör gefolgt sind. Die Theorie kommt immer erst später in der Kunst – die Praxis zu erst.

Dein Benjamin Cross

Benjamin Cross

Benjamin Cross ist ein erfahrener Sänger, Multi-Instrumentalist und Musikproduzent der schon in den Charts zu hören war. Bei der OpenMusicSchool unterrichtet er Gitarre, Bass und Ukulele.

11 Kommentare

  1. Den letzten Satz würde ich so nicht unterschreiben oder ganz so ernst nehmen, insofern er ja theoriemuffel zuspielt.es bedarf stets etwas an Grundlagen. Slash hat seinen studierten Theoretiker als auch jimmy hat sich einst belehren lassen
    !!

    1. Hallo Anu,

      was genau würdest Du daran nicht ernst nehmen? Musik, Gesang, Melodien usw. gab es sogar lange bevor es Schrift gab, oder irgend eine Form von systematischer Aufarbeitung von Musik. Pythagoras hat die Mathematik der Musik erst im Nachgang erarbeitet, als es schon Jahrtausende lang Musik gab. Und die Grundlagen von denen Du sprichst – welche sollen das sein? Wer legt diese denn fest? Die Theorie läuft der Praxis immer hinter her.

      Durch unsere Physiologie, also wie unsere Ohren und unser Gehirn von Natur aus gemacht sind, haben wir eine in den Grundzügen universelle Wahrnehmung. Bestimmte Tonabstände und Klangqualitäten lösen bestimmte Reaktionen aus, die weitestgehend von allen Menschen geteilt werden. Das Miauen von fröhlichen Katzen hat mehr harmonische Anteile als ein schmerzhaftes Miauen – der Gesang von Vögeln klingt nach „Dur“. Entsprechend hat es immer auch Sänger, Instrumentalisten usw. gegeben, die durch angeborene wie erworbene, aber vorrangig UNTERBWUSSTE Kenntnis „schöne“ Musik erzeugen konnten. Die Intuition in diese Richtung ist natürlich nicht gleich verteilt, wie Schönheit, logisches Denkvermögen, Größe, Ausdauer es eben auch nicht sind.

      Was wäre so schlimm daran, den Theorie-Muffeln Bestätigung zukommen zu lassen? So oder so ist für ein hohes Maß an Virtuosität Theorie hilfreich, ich bin kein Gegner von Theorie – ganz im Gegenteil. Logisches Verständnis von Musik, oder besser: von dem theoretischen Konstrukt der Musikwissenschaft, welches versucht eben diese zu systematisieren, ist immer nützlich. Aber je nach Talent, ist viel davon nötig, oder wenig. Manchen Menschen muss man Algebra 100x erklären, andere verstehen die Struktur dahinter aufs erste Mal.

      Meiner Erfahrung nach, sind die besten Sänger der Welt häufig jene, die instinktiv richtig intonieren, instinktiv den Klang modulieren können, und durch Sozialisierung und durch Talent eben einen guten Geschmack mitbringen. Auch ohne Theorie wären diese Sänger großartig. Gute Sänger singen spontan, nicht erst durch Vorbereitung und Stimmübungen. Das nur als Beispiel.

      Ich würde also sagen:

      Wer Gitarre lernen will, sollte sich natürlich nicht nur auf sein Talent verlassen – um schneller vorwärts zu kommen, hilft es auch die theoretische Seite des Musizierens mitzuentwickeln. Aber der Akt des Musizierens und der Akt des Komponierens von Musik ist eher nicht-theoretischer Art. Was nicht bedeutet, dass es nicht auch Werke gibt, die regelrecht theoretisch „konstruiert“ wurden. Es gibt mehrere Wege nach Rom – den rein intuitiven, talentbezogenen Weg und den radikal theoretisch-logischen Weg und alles dazwischen.

      Was meinst Du mit Jimmy hat sich belehren lassen?

      LG Benny

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